Reanimation – Herz-Lungen-Wiederbelebung (Teil 3)

„Als ihr gerade das Elektronikfachgeschäft verlasst, fällt euch ein älterer Mann an der Bank der Bushaltestelle auf. Trotz winterlichen Temperaturen hat er Schweißperlen auf der Stirn. Überhaupt sieht er nicht „gesund“ aus. Ihm fehlt Farbe im Gesicht. Zufällig blickt er euch in die Augen, als er diese verdreht, sich noch kurz mit der rechten Hand an die linke Brust fasst und dann lautlos von der Bank kippt.“

Willkommen im dritten Teil der Artikelserie Sofortmaßnahmen der Ersten-Hilfe! Nun gilt es also. Ein Mitbürger braucht schnellstens Hilfe und wir sind gefragt.

Was ist passiert? Der ältere Herr auf der Bank hat vermutlich einen schweren Herzinfarkt erlitten. Die Schweißperlen auf der Stirn und das fahle Gesicht deuten dies zumindest an. Der Infarkt ist so ausgeprägt, dass das Herz in eine lebensbedrohliche Rhythmusstörung geraten ist. Die Pumpfunktion fällt aus, das Gehirn wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und der Mann kippt bewusstlos von der Bank.

plötzlicher Herzinfarkt - ReanimationIn diesem Szenario hilft dem Herren nur eines: Der sofortige Beginn der Reanimation (Herz-Druck-Massage). Doch nun erstmal der Reihe nach…

Bevor wir uns der Reanimation zuwenden ein wenig Theorie. Beim Herzinfarkt wird eine oder mehrere Arterien, welche das Herz mit Sauerstoff versorgen, teils oder komplett verschlossen. Die Herzzellen werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, sterben ab und hören auf zu pumpen. Ein Herzinfarkt kann verschiedene Ursachen haben wer Lust hat darf gerne den Artikel zum Herzinfarkt durchstöbern.

Symptome

Die Symptome seines Herzinfarktes können sehr vielfältig sein. Besonders bei Frauen kann es zu untypischen Zeichen wie Bauchschmerzen oder allgemeines Unwohlsein kommen. Die Klassiker des Herzinfarktes sind dennoch häufig und geben einen wichtigen Anhaltspunkt zur Diagnostik:

  • Engegefühl in der Brust mit Schmerzen
  • Ausstrahlung des Schmerz: Meist in linken Arm, aber auch rechter Arm, Hals, Wirbelsäule oder Kiefer möglich
  • Vegetative Symptomatik: Schwitzen, blasse Hautfarbe, Übelkeit eventuell Erbrechen
  • Luftnot
  • Todesangst

Je nach Größe des Gefäßverschlusses kann es darüber hinaus zu lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen oder einem Kreislaufversagen kommen. Dieser Fall liegt in unserem Szenario vor. Unabhängig davon warum jemand bewusstlos wird ist das Behandlungsschema der Reanimation immer gleich:

Ablauf der Reanimation

  1. Person laut ansprechen und leicht an Schultern schütteln
  2. Hilfe nach anderen Passanten rufen
  3. Mundraum kontrollieren und größere Brocken vorsichtig entfernen
  4. Kopf überstrecken
  5. Atmung prüfen: Sehen (auf Burstkorb schauen), Hören (Ohr über Mund des Bewusstlosen legen), Fühlen (Luftzug an der Wange) für mindestens 10 Sekunden!
  6. Notruf absetzen – 112
  7. Patient atmet selbstständig und ausreichend: stabile Seitenlage
  8. Keine Atmung oder nicht normale Atmung: Reanimation mit Herz-Lungen-Wiederbelebung

Ich habe den älteren Herren nun also angesprochen und an seinen Schultern gerüttelt. Keine Reaktion. Noch bevor ich mich um Hilfe umgesehen haben tritt ein jüngerer Mann an mich heran und fragt ob er helfen könne. Ich sage ihm er soll einen Notruf unter der Telefonnummer 112 absetzen. Er nickt mit dem Kopf und zieht sein Handy aus der Manteltasche.

Ich blicke in den Mundraum. Er ist leer. Hinten im Rachen sehe ich zwar etwas Speichel doch die geringe Menge ist irrelevant. Hier mehr Zeit zu investieren würde keinen positiven Effekt für den Patienten haben. Vorsichtig überstrecke ich den Kopf und prüfe die Atmung. Ich zähle leise mit: 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30 – Keine Atmung. Der junge Mann ist zurück und meldet, dass Hilfe unterwegs sei. Ich öffne das Hemd des Herren und beginne mit der Wiederbelebung.

Die Herzdruckmassage (HDM)

Die Herzdruckmassage ist eine Maßnahme um die Blutzirkulation im Körper aufrechtzuerhalten. Durch die Kompression von außen wird die Pumpfunktion des Herzens nachgeahmt. Das Herz wird komprimiert, stößt Blut aus und füllt sich in der Entlastung wieder. Die Herzdruckmassage stellt so den Grundpfeiler einer Reanimation dar. Mit einer Frequenz von 100 bis 120 pro Minute drücken ich nun also mindestens 5 cm tief in den Brustkorb des Patienten. Zu achten ist dabei auf eine harte Unterlage. Sollte der Bewusstlose in einem Bett oder auf dem Sofa liegen hebe ich ihn vor Beginn der Herz-Druck-Massage auf den Boden.

Als Druckpunkt nehme ich entweder die Mitte des Brustkorbes oder die Mitte der Linie zwischen den Brustwarzen des Mannes. Ich lege auf diesen Punkt den Handballen der einen Hand, verschränken die andere darüber und führe so mit gestreckten Armen die Thoraxkompression aus. Zu beachten ist dabei, dass ich dicht am Patienten knie, die Arme gestreckt halte und aus den Schultern heraus drücke. Ein „Kraftdrücken“ mit der Oberarmmuskulatur ist nur wenig erfolgreich und schnell ermüdend.

Nach der Kompression nehme ich das komplette Gewicht vom Brustkorb des Mannes und sorge so für eine vollständige Entlastung. Dies ist wichtig, damit sich das Herz wieder mit Blut füllen kann.

Da wir zwei Helfer sind wechseln wir uns alle 2 bis 3 Minuten ab. Die Herzdruckmassage ist für den Helfer sehr anstrengend. Bereits nach 2 Minuten lässt die Qualität der Kompression nach. Um dies zu verhindern ist ein Ablösen bei mehreren Helfern sinnvoll. Die Reanimation wird bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes fortgeführt.

Die Beatmung

Je nachdem ob ich es möchten und mir zutraue kann die Herzkompression nach 30 Kompressionen für 2 Atemspenden unterbrochen werden. Die Atemspenden erfolgen entweder Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase. Hierbei ist zu beachten, dass ich bei der Mund-zu-Mund Beatmung die Nase des Bewusstlosen verschließe. Dementsprechend achte ich bei der Mund-zu-Nase Beatmung darauf, dass ich den Mund des Bewusstlosen geschlossen halte, indem ich von unten gegen das Kinn drücke.

Für die Beatmung selbst überstrecke ich den Kopf des Bewusstlosen um die Atemwege zu öffnen.

Die Atemspenden sind laut neuen Leitlinien zwar immer noch angebracht aber nicht mehr überlebenswichtig. Wichtiger ist die Blutzirkulation durch die Herzkompression. Sollten wir uns die Beatmung nicht zutrauen führen wir die Herzkompression kontinuierlich fort. Der Patient wird dabei über die Restluft in der Lunge mit Sauerstoff versorgt. Diese reicht für die kurze Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes für eine Grundversorgung des Gehirns aus.

Prinzipiell bietet es sich an für die Reanimation eine Beatmungsmaske oder ein Beatmungstuch zu verwenden. Diese Hilfsmittel sind sehr günstig und können zum Beispiel am Schlüsselbund mitgenommen werden. Dies ermöglicht euch eine hygienische Beatmung.

Videos

Auch in diesem Bereich halte ich es für sinnvoll, die Abläufe in einem Video anzusehen:

Ein Video der Aktion 100pro Reanimation www.einlebenretten.de

Checkliste Reanimation

Und zum Schluss wieder die Checkliste für das Auffinden einer Person und die Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung:

  • Patient laut ansprechen und an den Schultern schütteln
  • HILFE Rufen
  • Mundraum kontrollieren
  • Kopf überstrecken
  • Atmung für 10 Sekunden prüfen: Hören, Sehen, Fühlen
  • Notruf absetzen
  • Keine normale Atmung: Beginn der Wiederbelebung | Normale Atmung: Stabile Seitenlage
  • Herzthoraxkompressionen bis Rettungsdienst eintrifft
  • eventuell 2 Beatmungen nach 30 Kompressionen

Die Thoraxkompression

  • Druckpunkt: Mitte des Brustkorbes
  • Druck mit Handballen einer Hand, andere Hand darüber verschränken
  • Druckfrequenz: 100-120 pro Minute
  • Drucktiefe: 5 bis 6 cm
  • Vollständige Entlastung des Thorax nach der Kompression
  • Durchführung bis Rettungsdienst übernimmt

Beatmung

  • falls möglich 2 Beatmungen nach 30 Kompressionen
  • Beatmung Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase
  • Kopf überstrecken und Beatmung durchführen
  • Beatmung optional entfallen lassen und Kompression durchführen bis Rettungsdienst eintrifft

Für Interessierte

  1. http://www.einlebenretten.de – Kampange des Bundesverband Deutscher Anästhesisten

Ich hoffe, ich konnte euch eine kleine Auffrischung bieten und verweise hier nochmals auf die Kurse zur Auffrischung der Ersten-Hilfe, die von verschieden Organisationen angeboten werden. Diese sind sehr sinnvoll, da dort auch der praktische Teil trainiert werden kann. Und 20 bis 30 Euro alle 2-3 Jahre schaden normalerweise keinem.
Ansonsten bleibt mein persönliches wichtiges Fazit: Handeln egal wie! Habt keine Angst irgendetwas falsch zu machen, denn nichts ist schlimmer als gar nichts zu tun. Nehmt ein Herz in die Hand und rettet Leben 😉

Wie immer freue ich mich über Kommentare, Wünsche, Anregungen hier als Kommentar oder per Email

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