Blutgerinnung und Antikoagulation

Das System der Blutgerinnung steht mit einer Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung. Vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Infarkte erfordern einen Eingriff in die Blutgerinnung. Doch was ist eigentlich die Blutgerinnung? Wie funktioniert diese und auf welche Weise greifen moderne Medikamente in das komplexe System ein?

Blutgerinnung – Allgemeine Einteilung

Die Blutgerinnung (Hämostase) bezeichnet den Prozess der Verklumpung flüssiger Blutbestandteile. Das Gerinnungssystem wird hierbei vor allem bei Verletzungen der Gefäße aktiviert und trägt so zum Verschluss von Leckagen bei.

BlutDer Prozess der Blutgerinnung wird dabei in zwei verschiedene Abschnitte unterteilt. Während der so genannten primären Hämostase ziehen sich die betroffenen Gefäße zusammen um den Blutfluss zu verringern. Es kommt zur ersten Anlagerung von Blutplättchen (Thrombozyten) und deren Aktivierung. Diese Prozesse sorgen für die Entstehung eines ersten Blutpfropfes, welcher einen schnellen Verschluss innerhalb der ersten 1-3 Minuten gewährleistet.

Im Laufe der sekundären Hämostase findet die eigentliche Blutgerinnung statt. In Folge verschiedener Phasen entsteht ein festes Netz aus Fibrin, welches nach und nach mit Bluttplättchen und roten Blutkörperchen aufgefüllt und abgedichtet wird. Dies sorgt für einen robusten Verschluss der Verletzungsstelle.

Blutgerinnung – Gerinnungsfaktoren

Das System der Blutgerinnung erfolgt mit Hilfe der Gerinnungsfaktoren. Diese sind inaktivierte Enzyme, welche im Blut frei verfügbar sind.

Quelle: Doccheck.com

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Die Aktivierung der Gerinnungsfaktoren erfolgt über ein so genanntes intrinsisches oder extrinsisches System. Beide Systeme unterscheiden sich im Ursprung der Aktivierung. Hierbei folgt das intrinsische System auf eine Aktivierung der Blutplättchen, das extrinsische System wird durch Verletzungen angekurbelt. Beide Wege münden auf eine gemeinsame Endstrecke, welche die Aktivierung des Blutgerinnungsfaktor X (Faktor zehn) zum Faktor Xa (Faktor zehn aktiv) darstellt.

Das Hauptenzym der Blutgerinnung stellt Thrombin dar. Dieses wird aus Prothrombin (Faktor II) mit Hilfe des aktivierten Faktor Xa abgespalten. Die Enzymfunktion von Thrombin sorgt anschließend für die Bildung von Fibrin (Ia) aus Fibrinogen (I). Mit dem nun gebildeten Fibrin steht der Grundpfeiler der Blutgerinnung zur Verfügung.

Blutgerinnung – Störungen

Störungen der Blutgerinnung stellen lebensbedrohliche Komplikationen dar. Neben einer abgeschwächten Gerinnung, welche mit folgenschweren Blutungen einhergeht, betrifft eine übermäßige Blutgerinnung vor allem die Ausbildung von Thromben (Gerinnsel). Diese Thromben können zu Verschlüssen im Gefäßsystem führen (Embolie).
Da eine Vielzahl der Gerinnungsfaktoren in der Leber produziert werden, treten Störungen der Blutgerinnung häufig nach Leberschädigungen auf. Diese können zum Beispiel Folge von Alkohl-, Drogen- oder Medikamentenkonsum sein.

Blutgerinnung – Antikoagulation

Die Antikoagulation (Blutverdünnung) bedeutet, dass die Blutgerinnung verhindert bzw. gemindert wird. Neben überschießenden Blutgerinnungsreaktionen wird diese medikamentöse Therapie bei bereits erfolgten Embolien (Herzinfarkt, Schlaganfall, Gefäßverschlüsse) zur Vorbeugung eingesetzt. Auch bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie das Vorhofflimmern benötigen eine antikoagulatorische Therapie um die Bildung lebensgefährlicher Thromben zu verhindern.

Die Medikamente (Antikoagulanzien) können dabei an verschiedenen Stellen des Gerinnungssystems eingreifen. Die am häufigsten verschriebenen Antikoagulanzien können in die Gruppen der Heparine, der Vitamin-K-Antagonisten und der Faktor Xa-Hemmer unterteilt werden.

Antikoagulation – Herparine

Heparin im Einsatz zur BlutgerinnungDie Gruppe der Heparine geht auf das körpereigene produzierte Herparin zurück. Dem natürlichen Vorbild zur Folge wurde Heparin so anfangs aus der Darmschleimhaut von Schweinen gewonnen. Heutzutage besteht die Möglichkeit der synthetischen Produktion im Labor.

Da Heparin im Verdauungstrakt abgebaut wird, kann diese Form der Blutverdünnung nur mittels Spritzen oder Infusionen erfolgen. Geläufig sind die Verwendung von unfraktioniertem Heparin (UFH) mit großen Molekülen und niedermolekularem bzw. fraktioniertem Heparin (NMH) mit kleineren Molekülen. Die niedermolekulare Variante stellt eine Weiterentwicklung des natürlichen, unfraktionierten Heparins dar und bietet sich vor allem aufgrund der besseren pharmakologischen Eigenschaften an: Weniger Nebenwirkungen bei besserer Dosierbarkeit.

Die Hauptwirkung von Heparin kann über die Bindung und Aktivierung von Antithrombin III erklärt werden. Antithrombin III ist ein körpereigenes Enzym, welches die Blutgerinnung verhindert. Hierbei werden unter anderem die Faktoren IIa (Thrombin) und Xa ausgeschalten. Heparin kann diese natürliche Wirkung nun um ein vielfaches beschleunigen und so die Blutgerinnung unterdrücken.

Antikoagulation – Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

Eine weitere Gruppe der blutverdünnenden Medikamente stellen die Vitamin-K-Antagonisten (VKA, Vitamin-K-Hemmer) dar. Für deren Wirkung muss erwähnt werden, dass bestimmte Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX, X) für ihre Funktion Vitamin K benötigen. Da Vitamin-K-Antagonisten dem natürlichen Vitamin strukturell sehr ähnlich sind, können diese in die Produktion der Gerinnungsfaktoren eingreifen. Dies bewirkt, dass nicht funktionsfähige Gerinnungsfaktoren gebildet werden.

TablettenDer Vorteil der Vitamin-K-Antagonisten gegenüber Heparin stellt deren Verfügbarkeit dar. Im Gegensatz zum Heparin kann ein Vitamin-K-Antagonist auch in Tablettenform eingenommen werden. Der Einsatz von Infusionen oder Spritzen entfällt. Die Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten setzt allerdings erst nach mehreren Tagen ein. Dieser Effekt kann dadurch erklärt werden, dass bei Einnahmebeginn noch funktionsfähige Gerinnungsfaktoren im Körper unterwegs sind. Der volle Wirkungseintritt setzt erst dann ein, wenn alle „alten“ Gerinnungsfaktoren durch „neue“, nicht funktionsfähige, ersetzt worden sind. Auch nach Absetzen der Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten sorgt dieser Effekt dafür, dass die blutverdünnende Wirkung noch für circa fünf Tage anhält.

Ein Nachteil der Vitamin-K-Antagonisten stellt deren unterschiedliche Wirksamkeit dar. Neben individuellen Unterschieden kann auch die Ernährung zu einer gesteigerten bzw. verminderten Wirksamkeit der Antagonisten beitragen. Deshalb ist bei Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten die regelmäßige Kontrolle der Gerinnungsparameter erforderlich. Dies geschieht mittels Blutentnahmen und Bestimmung des so genannten Quick-Wertes bzw. der INR.

Antikoagulation – Faktor-Xa-Hemmer

Im Vergleich zu den vorherigen zwei Gruppen stellen die Faktor-Xa-Hemmer die „neuste“ Generation der Antikoagulanzien dar, weshalb diese auch „Neue orale Antikoagulantien“ (NOAKs) genannt werden. Wie der Name bereits sagt, hemmen diese Präparate die Aktivität des Faktor Xa. Dieser sorgt, in der Schlüsselrolle der Blutgerinnung, durch die Aktivierung von Prothrombin zu Thrombin (siehe Schema oben) für das Einsetzen der Gerinnung. Eine Hemmung dieses Enzyms verhindert somit die Aktivierung der Endstrecke der Gerinnungskaskade.

Die Faktor-Xa-Hemmer können dabei in direkte und indirekte Hemmer unterschieden werden. Der Vorteil der Faktor-Xa-Hemmer stellt deren einfache Anwendung dar. Neben der Einnahme als Tablette ist keine individuelle Dosisanpassung mehr nötig. Ein stetiges kontrollieren der Gerinnunsparameter entfällt.

Dies war der erste Einblick in das Thema der Blutgerinnung. Im zweiten Teil zum Thema Blutgerinnung beschäftige ich mich mit den Gerinnungsparametern: Quick, INR und PTT.

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Für weitere Informationen besucht einfach meine Quellen für diesen Artikel: Doccheck – HämostaseAntithrombose.deDoccheck – Antithrombin IIIDochcheck – Faktor-Xa-Hemmer

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