„Heidelberg 10, bitte kommen“ – Notarzteinsatzfahrzeug

„Heidelberg 10, bitte kommen“ – so oder ähnlich ging es vermutlich los, als vor über 50 Jahren das erste Notarzteinsatzfahrzeug mit dem Funkrufnamen Heidelberg 10 an der dortigen chirurgischen Klinik seinen Dienst aufgenommen hat. Mit dem ersten Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) begann die Ära des notarztgestützten Rendezvous-Systems in der präklinischen Patientenversorgung. Was in Heidelberg begann ist heute Alltag in der deutschen Notfallrettung…

Im Gegensatz zum angloamerikanischen Raum, zeichnet sich das deutsche Rettungssystem dadurch aus, dass jeder Patient in einer medizinischen Notlage den Anspruch auf eine notärztliche Versorgung hat.

Notarzteinsatzfahrzeug (NEF)

NotarzteinsatzfahrzeugUm dieses Ziel zu erfüllen begann mit dem ersten Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) „Heidelberg 10“ die Ära des noch heute gültigen Rendezvous-Systems. Hierbei rückt zu jedem Notfallpatienten parallel zum Rettungswagen ein Notarzteinsatzfahrzeug aus, sofern die Notwendigkeit eines Notarztes in der Notrufabfrage festgestellt worden ist.

Beim Notarzteinsatzfahrzeug handelt es sich in der Regel um einen handelsüblichen PKW, welcher zusätzlich medizinisch ausgestattet ist. Im Gegensatz zum „trägen“ Rettungswagen besteht so die Möglichkeit einen Notarzt zügig zum Patienten zu transportieren.

Der große Vorteil des Rendezvous-Verfahrens ist, dass der Notarzt stets flexibel einsetzbar bleibt. Stellt sich die Einsatzlage vor Ort als weniger dramatisch dar, besteht die Möglichkeit, dass sich Notarzt- und Rettungswagenteam trennen. Der Mediziner ist so wieder startklar für eventuell folgende Einsätze, während der Rettungswagen den Patienten in ein Krankenhaus transportiert.

Notarzteinsatzfahrzeug – Ausstattung

Die Ausstattung eines Notarzteinsatzfahrzeuges ist nach DIN 75079 so geregelt, dass ein Notfallpatient auch ohne Rettungswagen adäquat versorgt werden könnte. Zu diesem Zweck befindet sich auf dem Notarzteinsatzfahrzeug neben EKG (mit Defibrillator), Sauerstoff (mit Beatmungseinheit) und Absaugpumpe auch ein Notfallrucksack. Zusätzlich dazu besitzen Notarzteinsatzfahrzeuge in der Regel zusätzliches Material, welches erweiterte ärztliche Maßnahmen erlaubt. Als Beispiel seien hier starke Schmerzmittel, Narkosemittel oder eine Bohrmaschine zur Anlage eines Knochenzuganges genannt. Auch für die Behandlung von Vergiftungen (Antidot) ist ein Notarzteinsatzfahrzeug ausgestattet.
Da das Fahrzeug nicht auf den Patiententransport ausgelegt ist, muss zu jedem Notarzteinsatz ein Rettungswagen alarmiert werden.
Bei akut lebensbedrohlichen Erkrankungen kann der Notarzt den Patienten im Rettungswagen begleiten, während das Notarzteinsatzfahrzeug vom Fahrer des Notarztes nachgeführt wird.

Indikationskatalog für den Notarzteinsatz

Ob und wann ein Notarzt alarmiert wird entscheidet die Rettungsleitstelle, welche den Notruf bearbeitet. Um dem Disponenten die Arbeit zu vereinfachen besteht ein so genannter Indikationskatalog für den Notarzteinsatz von bundesaerztekammer.de zum Download (PDF). Dieser beschreibt Schlagworte und Einsatzstichpunkte, welche die sofortige Alarmierung eines Notarztes erfordern. Auszüge aus diesem Katalog:

  • akute vitale Bedrohung des Patienten (Atmung, Kreislauf, Bewusstsein)
  • akut starke Schmerzen
  • Unfälle mit Schwerverletzten oder Kindern
  • Brand- oder Rauchgasentwicklung mit Personenbeteiligung
  • Strom-/ Blitzunfälle
  • Ertrinkungs-, Tauch- oder Eisunfälle
  • drohender Suizid
  • Sturz aus mehr als 3 Meter
  • Schuss-, Stich-, Hiebverletzungen im Bereich von Kopf, Hals oder Rumpf
  • Vergiftungen
  • unmittelbar einsetzende Geburt
  • Großschadenslagen (Amoklauf etc.)

Einsätze, welche außerhalb dieses Kataloges eingeordnet werden, laufen in der Regel als so genannter Notfalleinsatz ohne Beteiligung eines Notarztes ab.  Doch auch bei diesen Einsätzen besteht die Möglichkeit, nach Einschätzung des Rettungsassistenten, einen Notarzt nachzufordern.

Nach über 50 Jahren hat sich das damals neuartige Rendezvous-System also in ganz Deutschland durchgesetzt. Wir gratulieren allen Notarzteinsatzfahrzeugen zum 50. Geburtstag und wünschen allen Fahrern und Notärzten allseits unfallfreie, gute Fahrt.
Quellen:
www.klinikum.uni-heidelberg.de

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